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Silvester 12/13

Über Silvester fuhr ich ins Wendland. Genauer in die Proitzer Mühle (http://www.proitzer-muehle.de/index.php/de/), einem sehr geschmackvoll ausgebauten Seminarzentrum. Dort findet jedes Jahr um Silvester ein Folktreffen statt.
Ich war eingeladen, jeden Tag anderthalb Stunden gemeinsames Musizieren zu leiten. Den Rest der Zeit hatte ich frei, während die Teilnehmer vom Kurs für irische Tänze zum Kurs für schottische Tänze über Akrobatik und Chorsingen bis zum Kurs für internationale Tänze wechselten.
Schön war’s. Ich stellte sehr schnell fest, dass man mich nicht brauchte, um sich gut und aufgehoben zu fühlen. Die Leute brachten ihre Instrumente und ihre gute Laune mit, spielten mit oder auch nicht, machten auch mal Vorschläge, was man so spielen könnte und vergnügten sich. Merkwürdigerweise konnte ich soviel Kopien meiner Noten mache, wie ich wollte. Irgendwie haben die nie gereicht.
Am Abend traf man sich im Kneipenraum, einer Gemütlichkeit, wo man sein Bier selber zapfte und wo ohne Hintergrundmusik der Lautstärkepegel immens war. Ich glaube, zum Teil kamen die Leute zu dieser Folkwoche nur, um am Abend Gesellschaftsspiele zu spielen. Ich habe Mensch-ärgere-dich-nicht, Carcasonne, irgendso ein strategisches landwirtschaftliches Lege- und Würfelspiel (sehr komplizierte Regeln), diverse Kartenspiele und Mäxchen gespielt. Mäxchen war am lautesten. Jeder einzelne Spielefortgang wurde laut rufend, zum Teil im Chor schreiend kommentiert.
Silvester selbst spielte meine Musiktruppe Tänze des internationalen Tanzkurses. Einige Musiker mußten sich entscheiden, ob sie den gelernten Tanz zeigen oder die gelernte Melodie mitspielen. Jeder der Kurse zeigte Beiträge und alle amüsierten sich. Vor allem, da man kostümiert kommen sollte. Wer nichts mitgebracht hatte, konnte im Fundus der Gastgeberin stöbern. Ich selbst trat als (Wie beschrieb das jemand?) schurkischer Nachtelf auf.
Nach Mitternacht versammelten sich frostresistente Niemalsaufhörer am vor der Tür lodernden Lagerfeuer und sangen Lieder. Kanons vornehmlich, aber auch das eine oder andere ältere Volkslied (wir sind schließlich unter „Folkies“). Die erste Strophe sangen immer noch alle mit, dann wurde es dünn. Lustigerweise konnte jeder alle Strophen von „Horch, was kommt von drausen rein“.

Ich habe mich nicht sehr als Referentin gefühlt. Mehr als Teilnehmerin eines Workcampes. Der ständige Rollenwechsel zwischen Referentin und Neuling bei einem schon etliche Jahre stattfindendem Folktreffen war unkompliziert. Ich hatte das Gefühl, dass alle davon ausgingen, dass man am Spaß teilhatte, ob man nun beruflich dort war oder nicht.

Gestreichelte Katzen: keine


Was war in Karlsruhe?

Das Klezmerorchester Karlsruhe (www.klezmertanz.de), dass regelmäßig zum Tanzen aufspielt, hat zwei Klezmermusiker eingeladen, um sich zwei Tage lang klezmerisch coachen zu lassen. Orchester muss man zu dieser Truppe auf jeden Fall sagen, auch wenn nie alle zum Auftritt da sind. Zum Workshopwochenende waren auf jedem Fall eine Menge da. Ich glaube so um die 20.
Markus Milian Müller und ich waren die eingeladenen Dozenten. Mit Markus wollte ich schon immer mal etwas machen, was über unser gemeinsames Engagement beim Quartett „Federmentsh“ hinausgeht. Und hier hatten wir die Gelegenheit.
Ein bischen aufgeregt war ich schon. Wie wird die Zusammenarbeit? Wird eine(r) immer alles anregen müssen? Lassen wir uns beide auf die spontanen Ideen den anderen ein? Ich habe ihn noch nie unterrichten gesehen. Werden wir eine gute Kommunikation haben?
Dass wir uns über wesentliche Klezmerdinge einig sind, haben wir ja schon bei der Vorbereitung gemerkt. Aber dass wir uns auch über wesentliche Aspekte des Lehrens einig sind, erfuhren wir letztendlich erst im Angesicht der Teilnehmer.

Die Teilnehmer waren ein verschworenener Haufen. Das ist eine lustige Erfahrung bei Workshops. Für gewöhnlich treffen sich die meisten bei so einem Workshop das erste Mal und am Anfang geht es nicht nur um die Musik, sondern auch um zwischenmenschliche Dinge. Fühlen sich die Teilnehmer wohl und können locker mit ihren Fähigkeiten und Nichtfähigkeiten umgehen? Oder fühlen sie sich eingegrenzt nicht zuletzt vom Gefühl, von allen Anwesenden beurteilt zu werden? Zumindest am Anfang sind alle vorsichtig.
Hier nun gab es dieses Erstgefühl nicht. Alle kannten sich. Und hatten Spaß. Ich hatte auch nicht das Gefühl, einzelne Leute zu unterrichten, sondern eine amorphe Masse von Musikern. Jedes Detail erzählte ich nicht 20 Einzelpersonen, sondern einem Orchester. Das ist, wie gesagt, eine lustige Erfahrung. Ich habe es sehr genossen.

Schön fand ich die rhythmisch helfenden Tanzeinlagen meines Kollegen. Was man bei fast jeder Trommelgruppe sehen kann, hilft auch Instrumentalensembles. Die gemeinsame Bewegung für den gemeinsamen Groove. Ganz besonders, wenn kein Dirigent da ist.
Schön fand ich auch, dass meinem Vortrag „Musiktheorie der Klezmermusik und was verwirrt mich da am Meisten“ großes Interesse entgegengebracht wurde. Sogar der Mensch, der im Vorfeld bat, blos nicht zu viel Theorie zu machen, war angetan. Zitat: „Ich hab da mal ’ne Frage, aber vermutlich werde ich die Antwort nicht verstehen.“

Mittags gab’s leider nur Brötchen mit Aufstrich für alle. Ich glaube, dass war auch der Grund, warum so viele so wenig gegessen haben. In der Vorbereitung klingt das bestimmt gut, aber wenn es dann soweit ist, ist das Gelüst auf Brötchen einfach nicht da…
Schade fand ich auch, dass wir einfach nicht alles geschafft haben, was wir vorhatten. Ich weiß, ich weiß, man vergisst beim Bedauern gern, dass man andererseits eine unglaubliche Menge geschafft hat. Aber naja, vielleicht kann man ja doch den 35-Stunden-Tag einführen…

Mein Kompliment an die karlsruher Klezmorim. Auf dass dieses große Interesse nie aufhören möge und mit vielen schönen Tanzabenden belohnt werde.

Gestreichelte Katzen: 4